Die Behauptung, dass irgendwo in den 365 Gemeinden Sardiniens immer gefeiert wird, ist keinesfalls übertrieben. Zwar häufen sich die örtlichen Feste überwiegend zwischen Mai und September, doch auch zum Karneval und in der Osterzeit vergnügt man sich gern und ausgiebig. Die meisten Feierlichkeiten haben religiösen Ursprung, die jedoch oftmals mit heidnischen Bräuchen vermischt wurden. Auch Märtyrer und Schutzheilige nehmen einen hohen Stellenwert in der sardischen Festkultur ein. Da jede noch so kleine Gemeinde ihren Schutzheiligen und womöglich noch einen Märtyrer gebührend feiert, kann man sich gut vorstellen, wie oft irgendwo auf Sardinien gerade Festtagsstimmung herrscht. Böse Zungen behaupten, dass viele der über tausend Feste eigens für die Touristen erfunden worden sind – doch berücksichtig man das Brauchtum und die religiösen Traditionen der Insel, kommt man von dieser irrigen Meinung rasch wieder ab.
Gleichgültig welches Fest gerade gefeiert wird - zwei Elemente sind immer vorhanden: die traditionellen sardischen Trachten und die kunstvollen Festtagsbrote, die aus Hartweizengrieß, Nüssen, Früchten und Honig in tagelanger Arbeit gebacken werden. Bei den Prozessionen, in denen die Schutzheiligen des Ortes durch die Straßen geführt werden, darf ein Ochsenkarren zum Transport der Heiligenstatue ebenfalls nicht fehlen. Die eher gemütlichen Tiere werden den temperamentvolleren Pferden vorgezogen, um Unruhen in dem oft sehr dichten Gedränge zu vermeiden. Natürlich ist Essen und Trinken bei den Festen sehr wichtig. Ob Brot, Makkaroni, Gebratenes, Kaffee und Wein, das alles wird in großen Mengen gebacken, gekocht und gebraten – und selbstverständlich verspeist.
Die Sarden verstehen es zu feiern, was die über 1000 Feste, die über das Jahr verteilt auf Sardinien stattfinden, zur Genüge beweisen. Ein Zitat aus dem Sardinien-Roman „Die Maske des Priesters“ von Gracia Deledda gibt diese Lebenseinstellung mit wenigen Worten treffend wieder: „Lasst uns tanzen, singen, pfeifen, das Leben genießen. Gott hat uns das Leben geschenkt, damit wir es ein wenig genießen.“
Autorin des Textes: Claudia Hurth