Alghero ist schon seit Ende des 19. Jahrhundert ein beliebtes Reiseziel und somit der traditionsreichste Badeort Sardiniens. Doch ist die Stadt auch wegen ihres Korallenvorkommens und der meisterlichen Verarbeitung dieses einmaligen Naturprodukts weit über ihre Insel hinaus bekannt. Wohlhabende Italiener haben Alghero seit einigen Jahren als angenehmes Winterquartier entdeckt, in dem man dem ersehnten Frühling gelassen entgegen sehen kann.
Wie viele andere Orte Sardiniens kann auch Alghero auf eine bewegte und wechselhafte Geschichte zurückblicken. Im 11. Jahrhundert gelang es den genuesischen Doria, die Stadt aus den Händen sarazenischer Piraten zu befreien. Da auch Pisa ein begehrliches Auge auf Alghero warf, wurde die Stadt mit starken Festungsanlagen geschützt. Die Fundamente der alten Stadtmauern können heute noch besichtigt werden. Im 14. Jahrhundert bemächtigten sich die Spanier der Stadt und machten sie zum Hauptstützpunkt des Hauses Aragon auf Sardinien. Durch ständigen Ausbau und Verbesserungen der Festungen konnten sich die Spanier hier 200 Jahre lang fern von ihrem Mutterland behaupten. Erst 1720 fiel Alghero an Savoyen. Wegen ihrer günstigen Lage als wichtige Hafenstadt wurde Alghero im Zweiten Weltkrieg von den Alliierten bombardiert - die Schäden sind noch sichtbar. Bis heute hat sich der spanische Charakter der Stadt hartnäckig gehalten, und da die meisten Bewohner katalanischer Abstammung sind, wird nicht nur ein solcher Dialekt gesprochen, manche Straßennamen sind zweisprachig ausgeschildert und in vielen Lokalen steht Paella an vorderster Stelle der Speisekarte.
Um einen ersten Eindruck von Alghero zu gewinnen, empfiehlt sich ein Rundgang durch die überwiegend gotische Altstadt, den man an der Piazza de Porta Terra beginnt. Durch die Via Roma gelangt man zur Kathedrale Santa Maria. Diese Kirche ist ein wahres Sammelsurium an architektonischen Einfällen und Baustilen, da im Laufe der Zeit viele Herrscher, Baumeister und auch Religionen ihre unverwechselbaren Spuren an dem Gebäude hinterlassen haben. Der achteckige Glockenturm aus der gotisch-katalanischen Gründerzeit mit seinem bunten Kacheldach bietet eine wunderschöne Aussicht auf die Altstadt und die Umgebung der Stadt. Das Innere der Kathedrale ist ebenfalls sehenswert und beherbergt neben anderen Kunstwerken ein Reliquiar mit den Überresten eines Neugeborenen, das dem mörderischen Treiben von König Herodes zum Opfer gefallen sein soll…
Der Weg führt weiter Richtung Süden zum Haus der Doria und dem Kurienpalast Palazzo Machin, dem ehemaligen Sitz des Bischofs von Alghero. Am Stadttheater vorbei gelangt man zur Kirche Chiesa della Misericordia, einem schlichten Sakralbau, der im 17. Jahrhundert als Stammkirche der Zünfte erbaut wurde. Setzt man den Rundgang nach Westen hin fort, erreicht man die Uferpromenade, die einen beeindruckenden Blick auf die Bucht von Alghero gewährt.
Über die mit Palmen geschmückte Bastioni Magellano geht es am Hafen entlang bis zur Porta a Mare. Wieder in der Altstadt befindet man sich auf der sehr belebten Piazza Civica, die von den beeindruckenden Fassaden des Palazzo d’Albis o de Ferrera dominiert wird. Hier soll übrigens Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs im Jahr 1541 aus einem Fenster zu seinem Volk gesprochen haben. Von diesen gewaltigen historischen Eindrücken kann man sich sehr stilvoll in einem der schönen Cafés auf der Piazza erholen. Wer gerne Fische mag – und das nicht nur auf dem Teller – kann seiner Leidenschaft im Aquarium Mare Nostrum frönen. Von schönen bunten Fischen aus dem Mittelmeerraum bis zu Haien, Piranhas und Alligatoren ist hier beinahe alles vertreten, was im Wasser heimisch ist.
Auch für die Stadtmauer und Bastionen von Alghero sollte man sich etwas Zeit nehmen. Bei einem Spaziergang über die Mauerkrone der Stadtmauer genießt man den herrlichen Meerblick und fühlt sich ganz nebenbei wie ein Eroberer aus früheren Zeiten, der hoch über dem bunten Treiben stolz auf seine Stadt hinabblickt.
Wer seinen Urlaub gern mit fröhlichen Festen und farbenfroher Folklore verbinden möchte, sollte sich den Monat August als Reisedatum notieren: in der ersten Woche des Monats findet hier das prächtige Fest zu Ehren der Nostra Signora della Mercede statt und am 15. August das Ferragosto algherese, ein Stadtfest mit Feuerwerk, Straßenkonzerten und landestypischen kulinarischen Spezialitäten. Auch die Karwoche wird in Alghero sehr feierlich begangen; Männer in weißen Kutten, die Köpfe von Kapuzen verhüllt, ziehen durch die Straßen der Altstadt, ein Bild, das man eher in Spanien als auf Sardinien erwarten würde.
An schönen Souvenirs, die man als Andenken an einen gelungenen Urlaub mit nach Hause nehmen möchte, herrscht kein Mangel. Doch sollte man daran denken, dass vieles, was im stimmungsvollen Ambiente dieser streng-anmutigen Stadt schön und passend erscheint, in einer völlig anderen Umgebung oft deplaziert wirken kann. Kein Risiko geht man jedoch bei einer Flasche Olivenöl als Mitbringsel ein. Die riesigen Olivenhaine, die Alghero umgeben, liefern ein Öl von hervorragender Qualität, das garantiert gern angenommen wird. Und was spricht dagegen, sich selbst damit zu beschenken?
Jeder hat seine ganz persönliche Art und Weise, um Abschied zu nehmen. In Alghero kann man dies sehr stimmungsvoll am Abend in einem schönen Café oder Restaurant zelebrieren. Bei einem guten Essen und einer Flasche sardischem Wein zeigt sich die Stadt von ihrer romantischen Seite. Alghero mag vielleicht nicht die typischste Stadt Sardiniens sein, doch ihr strenger spanisch-aragonischer Charakter, der sich harmonisch mit der sardischen Lebensart verbindet, gibt ihr das Flair einer fremdartigen, herben Schönheit, die es meisterhaft versteht, die Besucher in ihren Bann zu ziehen.