So mysteriös wie dieses heidnische Heiligtum ist auch sein Name, über dessen Herkunft keine Einigkeit in der einschlägigen Expertenwelt besteht. Unter verschiedenen Versionen der Namensdeutung erscheint die Bezeichnung „Berg aus Stein“ die einleuchtendste zu sein. Dies ist auch der erste Eindruck, der dem Betrachter von diesem Altarberg vermittelt wird – ein ungewöhnlich geformter Haufen aus Stein.
Einig ist man sich jedoch darüber, dass dieses Monument sowohl in Sardinien als auch im gesamten Mittelmeerraum einzigartig ist. Der Altarbau mag zwar auf den Laien eher uninteressant und nicht sehr beeindruckend wirken, doch bei näherer Betrachtung und einer sachkundigen Führung eröffnet sich eine um Jahrtausende zurückliegende Welt mit für uns kaum nachvollziehbaren Kulturen, Riten und religiösem Brauchtum. Das Heiligtum wurde vermutlich von der Ozieri-Kultur zu einer Zeit errichtet, als diese Gegend bereits seit über 1000 Jahren besiedelt war. Außerdem geht man davon aus, dass vor diesem Altarbau eine noch ältere Kultstätte existiert haben muss, die jedoch durch einen Brand zerstört wurde. Noch im Zweiten Weltkrieg war der Berg ein dicht bewachsener Beobachtungsposten und erst in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts entdeckte man bei Ausgrabungen seine ursprüngliche Bedeutung. Archäologen ist es gelungen, die linke Seite des terrassenförmig angelegten, etwa neun Meter hohen Altarbaus detailgetreu zu rekonstruieren. Die lange Rampe, die bis zum Sockel der Kultstätte führt, diente wahrscheinlich als Aufgang für Opfertiere.
Die Forscher sind sich nach wie vor nicht über die Herkunft des Altars einig. Geht man von seiner terrassenartigen Form aus, müsste die Kultstätte aus dem orientalischen Raum, wie Mesopotamien oder aus der Gegend des Irak stammen. Auch über die Bedeutung der zu beiden Seiten der Rampe liegenden Steinfragmente herrscht unter den Wissenschaftlern nicht unbedingt Einigkeit. Ein mächtiger Menhir wird als Symbol einer männlichen und weiblichen Gottheit zugleich vermutet, und die den Altar umgebenden weiteren Kultsteine können ebenfalls Heiligtümer von steinzeitlichen Kulturen gewesen sein. So wurden auf einem Steintisch wahrscheinlich Tieropfer zu Ehren einer Erdgöttin dargebracht, wie anhand der dort gefunden Überresten von Säugetieren und Fischen angenommen wird. Auch geht man davon aus, dass es sich um einen bedeutenden Wallfahrtsort gehandelt haben muss, worauf die ebenfalls entdeckten Muschelreste schließen lassen.
Die Nutzung der Kultstätte lässt sich etwa bis 1800 v. Chr. belegen, dann wurde der Monte d’Accodi verlassen. Zur gleichen Zeit betrat eine andere Kultur den Boden Sardiniens: die Nuraghen. Es dürfte wohl kein Zufall sein, dass ein Volk dem anderen seinen Lebensraum überließ. Sicher ist jedenfalls, dass die Nuraghen den Monte d’Accodi nicht als Kultstätte nutzten, da sie in einiger Entfernung zu dem Altarbau eigene Gräber und Opferstätten anlegten.
Text von Claudia Hurth