Bevor Iglesias im Jahr 2005 gemeinsam mit Carbonia zur Provinzhauptstadt ernannt wurde, war die Stadt am Colle di Buon Cammino, deren historisches, über 700 Jahre altes Zentrum noch zum Teil von antiken Festungsmauern umgeben ist, bereits Hauptstadt des Iglesiente.
Die Region des Iglesiente und das Sulcisgebirge waren mit ihren reichen Vorkommen an Silber, Kupfer, Blei, Eisen und Zink einst die wichtigsten Bergbaugebiete der Insel und sogar gesamt Italiens. Bereits in prähistorischer Zeit wurde in diesem Gebiet Erz abgebaut und die Römer errichteten hier eine unter dem Namen „Metalla“ bekannte Siedlung. Iglesias selbst wurde im 13. Jahrhundert als Villa Ecclesiae durch den pisanischen Grafen Ugolino della Gherardesca gegründet, um die umliegenden Silberminen weiter ausbeuten zu können.
Unter den Pisanern erhielt Iglesias auch das Stadtrecht „Breve di Villa di Chiesa“, doch unter der spanischen Herrschaft verfielen die Bergwerke zusehends und wurden im 15. Jahrhundert vollkommen stillgelegt. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts gelangte der Bergbau und mit ihm die Stadt zu einer zweiten Blüte, nachdem man die überreichen Zinklager und Bleivorkommen des Iglesiente entdeckt hatte.
Wie auch in der zweiten Provinzhauptstadt Carbonia wurden die meisten Bergwerke in den 1950er Jahren geschlossen und nur noch vereinzelt Aluminium und Zink gefördert. Als einstige bedeutende Bergarbeiterstadt weiß Iglesias seine alten Werksanlagen zu nutzen. Als Industrie- und Baudenkmäler locken sie heute Touristen in die Stadt, die sich zudem an dem hübschen Ambiente des Ortes, dessen zahlreichen Sehenswürdigkeiten und den nahen Stränden erfreuen. Der Hausstrand Iglesias, der Fontanamare, ist nur rund 12 Kilometer entfernt.
Mit dem Zug erreicht man Iglesias von Cagliari aus mehrmals am Tag und auch die Busverbindungen von und nach Carbonia, Sant Antioco und Oristano sind hervorragend. Über die lange Bergbautradition der Stadt und der Region informiert man sich am Besten im Instituto Technico Industriale, gegründet im Jahre 1871, welches zwei diesbezüglich hochinteressante Museen beherbergt: Das Museo dell’Arte Mineraria dokumentiert die Geschichte des sardischen Bergbaus anhand alter Karten, Urkunden, Werkzeugen und Gerätschaften der Grubenarbeiter und das Museo di Mineralogico e Paleontologia Sardo stellt rund 1000 Gesteinsproben, Fossilien, Edel- und Halbedelsteine und auch sonst beachtenswerte Minenfunde aus.
Wer sich einen noch authentischeren Eindruck verschaffen möchte, der kann sich einer von der Società Igea angebotenen Führung anschließen und unter anderem die Blei- und Zinkmine Monteponi, einst eine der größten Minen Europas, besichtigen, die neben den Anlagen Campo Pisano, San Giovanni und San Benedetto zu den bekanntesten Werken dieser Bergbaulandschaft zwischen Hügelland und Küste gehört.
In Iglesias selbst lässt sich vor allem das quirlig bunte Leben im behutsam restaurierten historischen Zentrum mit seinen hübschen Gässchen, den alten Häusern und den mittelalterlichen Sakralbauten genießen. Hoch über der Altstadt erhebt sich der Monte Altari mit den Ruinen des 1283 errichteten Castello di Salvaterra. Die vielen lauschigen Plätzchen und die zahlreichen Cafés und Restaurants entlang der Einkaufs- und Flaniermeile, dem Corso Matteotti, laden zum Verweilen und Betrachten ein.
Herzstück der Altstadt ist die Piazza del Municipo an der sich auch die wichtigsten Gebäude Iglesias finden. Hier stehen neben dem Palazzo Vescovile (Bischofspalast) von 1785 auch der Palazzo del Comune (Rathaus) aus dem 19. Jahrhundert. Dem Rathaus gegenüber liegt der Dom, die in rund 300jähriger Bauzeit errichtete Kathedrale Santa Chiara, die außen mit einer spätromanischen Fassade und im Innern mit einem gotisch-katalanischen Stil aufwartet.
Auch die anderen Kirchen der Stadt enttäuschen ihre Besucher nicht. Genannt werden an dieser Stelle jedoch nur die in katalanisch-gotischer Pracht strahlende San Francesco, die zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert erbaut wurde, die romanisch-gotische Santa Maria delle Grazie aus dem 13. Jahrhundert und die Jesuitenkirche Chiesa della Purissima o del Collegio (1578) an der Piazza Collegio.
Auch Iglesias Umgebung hat einige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Dazu gehören zum Beispiel die Ruinen des römischen Tempels „Tempio di Antas“ aus dem 6. – 5. Jahrhundert v. Chr., zu finden in der Nähe des Weilers Sant’Angelo sowie die inmitten von Kork- und Steineichenwäldern gelegene Tropfsteinhöhle „Grotta su Mannau“, die sowohl professionellen Höhlenforschern als auch Touristen offen steht. Nicht weniger reizvoll als die dortigen Tropfsteinformationen und Höhlenseen sind Exkursionen in den Foresta die Margiani, zum Beispiel in die Schlucht des Riu Cannisoni samt ihrem imposanten Wasserfall. Noch mehr Natur zeigt der Botanische Garten Linasia, etwa 10 km von Iglesias bei Case Marganai gelegen, dessen angeschlossenes Museum „Museo Casa Natura“ Informationen zur Pflanzenwelt der Region und zu Funden aus den umliegenden Minen auf das Anschaulichste dokumentiert.
Wie immer erhält man durch die Feste einer Stadt den umfassendsten Einblick in deren Sitten und Gebräuche und so reist man unter diesem Gesichtspunkt besonders gern zu Ostern nach Iglesias, wenn dort Prozessionen und Aufführungen der Iscravamentu- und Incontru-Mysterienspiele stattfinden oder lässt sich im August im Rahmen des „Corteo Storico Medievale“ durch Lichterprozessionen und mittelalterliche Kostüme in eine andere Zeit versetzen.